Die Kriege der Zukunft [SE01 EP08]

Jacob Birken
29 min readAug 20, 2019

--

Was bisher geschah: Die Galaktische Patrouille ist an Daten gekommen, die mit einer geplanten Invasion Selenes zusammenhängen könnten. Für eine Kolonie Selenes kommt jede Hilfe zu spät: Auf diesem Mond ist nichts und niemand mehr zu retten, und dann fällt selbst die Gandiva unerwartet aus.

„Neue Ernte“

Lucia fand Elvis, wie er mit einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen und vereinzelten Eltern vor einem der Türme am Rand der Siedlung stand. Unten war der Turm bereits dicht mit Kinderzeichnungen und diversem Gekritzel bedeckt; weiter oben sprühte gerade eine Drohne einen romantischen Wolkenhimmel an seine Oberfläche, viel zu ruhig, um auf diesen Planeten zu gehören. Was habe ich getan, dachte Lucia.

„Willst du ein Stück Kuchen“, sagte Elvis und deutete zu einem Tablett mit angeschnittenem Gebäck, das auf einem der üblichen Kunststoffstühle deponiert worden war. „Er ist ganz gut geworden.“ Elvis dachte eine Weile nach, während Lucia frustriert den Turm hinaufstarrte. „Ja, ganz gut“, sagte er schließlich.

„Hast du die Selenen gefragt, ob ihr ihren Turm bemalen könnt?“

„Das wird schon in Ordnung sein.“

Lucia war sich nicht sicher, ob es ihr peinlicher wäre, diese Sache den Selenen zu melden, oder dass letztere es dann höchstwahrscheinlich mit mildem Lächeln als in Ordnung kommentieren würden. Stattdessen suchte sie sich einen Stuhl und probierte ein Stück von dem Kuchen. Er war ganz gut. Vor kurzem hatte Anita Pastor sie kontaktiert; sie war auf der Vijaya, dem Schwesterschiff der Gandiva, die gerade vor Gliese Pacifica lag. Die Galaktische Patrouille hatte, wenn das der richtige Ausdruck war, eine Schlacht gewonnen, und Gliese Pacifica war nun nicht mehr ganz in dem Sinne befreit, wie es das Regime in den Sektoren haben wollte. Was dort weiter geschehen würde stand noch in den Sternen, aber für Lucia gab es Wichtigeres: ‚Neue Ernte‘. Sie hatte das Datenpaket auf jede erdenkliche Weise auswerten lassen, auf die sich Tabellen zur Ressourcenverteilung eben auswerten ließen. Fest stand, dass die Befreiten Sektoren einen Plan entwickelt hatten und dieser Plan mit großer Wahrscheinlichkeit mit Selene zusammenhing. Lucia hatte die Prognosen aus der Datensammlung, laut denen der Ertrag der ‚Neuen Ernte‘ die Wirtschaft der Sektoren sanieren würde, an die Botschaft Selenes auf der Unabhängigen Sphäre geschickt. Wenig später bekam sie einen Anruf von einem offiziösen Selenen, der ihr trocken bestätigte, dass das ihre Daten waren: Die Sektoren hatten ohne weitere Anpassungen einfach die Ressourcen des Planeten und seiner Kolonien auf ihre eigenen Bestände aufgerechnet.

An Lucias Szenarien änderte sich nicht viel. Es war wahrscheinlicher geworden, dass die Gerüchte über die Türme durch den Geheimdienst der Befreiten Sektoren gestreut wurden; die Morgenröte hingegen blieb weiterhin ein Rätsel. Nichts an ihr legte nahe, dass sie und ihre Besatzung den Befreiten Sektoren angehörten, aber vielleicht hatte das Regime das Schiff angeheuert und mit den verbuchten Ressourcen bezahlt, wo auch immer die Morgenröte zuvor hergekommen war. Vielleicht war es ein Zufall, wie der dubiose Mann mit seinem Kuchen, der jetzt mit ein paar Kindern eine an den Turm gepinselte Familienszene diskutierte.

Sie nahm gerade das vorletzte Stück vom Tablett, als eine wütende Frau in die Runde trat und ihr Kind von der Mauer entfernte. „… und mein Kind diesem Mist aussetzen, spinnen Sie?“

„Nimm dir doch erst mal ein Stück Kuchen“, sagte Elvis.

„Ist noch eins da“, sagte Lucia.

„Dich kenne ich auch“, sagte die Frau. „Dich habe ich in den Nachrichten gesehen. Ich habe euch beide in den Nachrichten gesehen. Ist das eine Idee von eurer Patrouille?“

„Möchtest du vielleicht noch ein Stück Kuchen?“, sagte Lucia zu dem Kind der Frau. Die Frau drängte das Kind hinter ihren Rücken.

„Ihr haltet uns für dumm, oder. Aber ich weiß Bescheid.“

„Wie lange sind Sie eigentlich hier auf Selene?“, fragte Lucia höflich.

„Das geht dich gar nichts an.“

„Ich meine nur,“ sagte Lucia etwas beiläufiger und viel lauter, „haben Sie auch diese Geschichte gehört, dass das Büro für Innere und Äußere Grenzangelegenheiten hinter der Panik um diese Türme steckt? Für mich ergibt das Sinn. Das lassen die nicht durchgehen, dass ihre halbe Bevölkerung auf andere Planeten verschwindet. Die kommen euch holen, auch nur, um ein Exempel zu statuieren.“

„Du weißt nichts über mich“, sagte die wütende Frau und zog ihr Kind in eine der Gassen zwischen den Betonwaben.

„Deswegen frage ich doch“, rief Lucia ihr hinterher.

„Ist da was dran? An dieser Geschichte?“, fragte Elvis, als die Beiden außer Hörweite waren.

„Weiß ich ja nicht. Ich hab nur gefragt, ob sie davon gehört hat.“

„Verstehe“, sagte Elvis. Dann bekam Lucia direkt über ihr Implantat eine Nachricht. Es war Aleph, und es war wohl dringend. Fünf Minuten, meldete sie zurück.

Sie brauchte vier Minuten, um wieder bei ihrem Gleiter zu sein. „Hier bin ich“, sagte sie in die Kamera und ließ das kleine Fahrzeug vorsichtshalber einige Meter abheben, bevor sie die Scheiben verdunkelte und die Projektion so weit vergrößerte, wie es die Kabine erlaubte. Neben Aleph drängten sich Leute, die sie von der Brücke oder der Kantine der Gandiva kannte; das war allerdings nicht die Gandiva, sondern ein schlichter Saal voller Tische und gestapelter Stühle, hinter dessen großen Fenstern sich eine friedliche Eislandschaft auftat. Rachel Anderson saß auf einem der Tische und sah über die Kamera hinweg. Lucia konnte die bleiernen Augen der Selenen immer noch nicht richtig lesen, aber wahrscheinlich starrte Rachel einfach ins Nichts. Sie trug einen undefinierbar gefärbten Overall, der wahrscheinlich unter einen Raumanzug gehörte; auch die Leute von der Patrouille schienen gerade erst vor kurzem aus dem Weltall gekommen zu sein. Ist das die Kolonie?, dachte Lucia. Das ist nicht die Kolonie.

„Gut“, sagte Aleph einen Augenblick später, „danke.“ Rachel und einige der anderen wandten sich erst jetzt der Kamera zu: Eine Verzögerung, die die Übertragung über wahrscheinlich mehrere Portale hinweg mit sich brachte. „Alles ist noch ein wenig komplizierter geworden. Die Kolonie wurde mit etwas angegriffen, das nachhaltig jedes elektrisch betriebene Gerät außer Kraft gesetzt hat.“

„Ein elektromagnetischer Puls?“, fragte Lucia.

„Mehr als das“, sagte der künstliche Mensch.

Lucia kniff die Augen zusammen. Natürlich war das nicht die Kolonie. Das war einer der Sitzungssäle, in dem sie während ihrer Ausbildung sicher hunderte Stunden verbracht hatte. „Wo seid ihr? Ist das Callisto?“

„Wir mussten die Gandiva aufgeben. Sie hatte sich angesteckt.“

„Ich verstehe nicht“, sagte Lucia nach einer Weile in die Stille. Rachel starrte mittlerweile auf den Boden. Die Patrouille hat gerade eines ihrer besten Schiffe verloren, dachte Lucia, und Selene eine ganze Kolonie, und ich habe keine Ahnung, was auf diesem Planeten hier passiert. Jetzt professionell bleiben, Lucia Lem.

„Wir verstehen auch noch nicht“, sagte Aleph. „Wir hatten Datenträger aus der Portalstation der Kolonie auf die Gandiva genommen. Als wir sie untersuchen wollten, ist ein System nach dem anderen ausgefallen. Wir mussten über unser Portal nach Callisto evakuieren.“

Rachel blickte wieder vom Boden auf und in die Kamera. „Pass auf“, sagte sie, „dieses Schiff, die Morgenröte. Was auch immer sie machen, lasst sie nicht in die Nähe von Selene. Auf keinen Fall.“ So wirken Selenen also, wenn sie etwas ernst meinen, dachte Lucia und war einerseits froh, dass ein gutes Stück Galaxis sie von Rachel trennte, und andererseits alles andere als froh, dass sie gerade an Stelle Rachels auf diesem Planeten war. Professionell bleiben.

„Wir haben dieses Schiff bisher nicht gesichtet“, sagte sie, „aber Anita Pastor hat Daten geschickt, die eine geplante Invasion der Befreiten Sektoren auf Selene wahrscheinlich machen. Ich nehme an, dass sie bereits Leute hier auf dem Planeten haben, aber ich werde sie finden.“

„Wo ist Anita jetzt?“, fragte Aleph. „Wir sind nicht auf dem Laufenden.“

„Mit Jin Dahl auf der Vijaya, vor Gliese Pacifica. Ich glaube, sie haben die Portalstation gekapert.“

Für Aleph hätte konstruktionsbedingt ein Seufzen weder physiologische noch kommunikative Bedeutung gehabt, aber die Art, in der der künstliche Mensch die Hände faltete, erfüllte wohl den gleichen Zweck. „Anita und Jin befreien die Befreiten Sektoren. Ja, das passt. Wir müssen zurück in die Kolonie und zuerst eine Basis aufbauen, bevor wir dieses Virus untersuchen. Brauchst du Leute auf Selene? Wir haben so gut wie die ganze Besatzung der Gandiva übrig.“

Gute Güte, ja, dachte Lucia, bitte die ganze Kompanie und bitte gestern. „Wenn ihr sie entbehren könnt“, sagte sie.

Zuerst schickte ihr Aleph allerdings ein großes Datenpaket an Aufzeichnungen aus der Kolonie, die in den Anzügen und Implantaten des Teams gespeichert und nicht dem Virus ausgesetzt worden waren. Lucia verbrachte ein paar Stunden über den Videos der verlassenen Kolonie und über den Bildern von Einschusslöchern, Stiefelabdrücken und Gräbern, aber sie fand darin weder eine Antwort auf ihre aktuellen Fragen, noch konnte sie dazu passende neue Fragen entwickeln. Als sie erschöpft das letzte Foto schloss, war es draußen immerhin noch hell. Ich muss mich bewegen, dachte Lucia. Sie kramte ihren Trainingsanzug aus einer Tasche auf dem Rücksitz und ließ den Gleiter, der die letzten Stunden ziellose Runden über der Landschaft gedreht hatte, zur Siedlung zurückfliegen.

Elvis saß wieder vor seiner Betonwabe. „Kommst du mit Joggen?“, fragte Lucia. Zu ihrem Schrecken überlegte Elvis tatsächlich eine Weile. „Ach nee“, sagte er schließlich, „Ich wollte noch etwas schreiben. Die Leute von der Stiftung machen morgen kurz einen Kanal auf, dann kann ich Charles einen Text schicken. Nächstes Mal.“

„Nächstes Mal dann“, sagte Lucia und lief los. Als ob; wahrscheinlich würde der Mann alle fünf Minuten für irgendeinen interessanten Stein oder Busch stehenbleiben, oder einfach vor Erschöpfung kollabieren. Sie hatte die Siedlung schnell hinter sich gelassen: Bald waren da nur noch die Hügel und die allgegenwärtigen Türme und über ihnen die irren Himmelserscheinungen dieses Planeten. Wie nahe müsste dieses Schiff uns kommen, damit ich es von hier aus sehen könnte, dachte sie; sie hatte bereits einige Male die Unabhängige Sphäre am Himmel entdecken können, eine graue Kugel, die sich wie ein Spielzeugmond vor den Sternen vorbeischob, viel zu klein und gleichzeitig viel zu nahe, um ein richtiger Trabant zu sein. Selbst die Portalstation war manchmal mit bloßem Auge zu erkennen, und das ominöse Schiff musste um einiges größer sein als letztere. Ob und wann sie die Morgenröte sehen konnte, spielte natürlich keine Rolle: Das Schiff entzog sich ohnehin ihrem Zugriff, wo auch immer es war.

Lucia dachte die nächste Viertelstunde ihrer Strecke an gar nichts; danach dachte sie an die Wahrscheinlichkeit, hier einfach vom Blitz getroffen zu werden, ohne dass es jemandem auffiel, bis sie wieder erfolgreich an nichts denken konnte. Dann bekam sie eine Nachricht. Sie kam aus einer der Siedlungen von einem Kneipier, mit dem sie sich lange genug über die Türme gestritten hatte, um schließlich Kontaktdaten auszutauschen. In der Nachricht war ein Foto von einer schematischen Zeichnung von mehreren der Türme und simplen Anweisungen, wie diese sich sabotieren ließen. Wirklich, dachte Lucia und musste sich für einen Augenblick ins Moos setzen, wirklich?

Den Stapel von kopierten Sabotageanleitungen hatte jemand dagelassen, als der Wirt gerade mit etwas anderem beschäftigt war. Lucia schickte das Photo an die Botschaft der Selenen, und bald saß sie mit Milan Anderson auf der Veranda seines kleinen Bungalows. Milan hatte die Koordinaten an ihren Gleiter geschickt; anders wäre das simple holzverkleidete Haus, wie üblich irgendwo in die Hügel gebaut, kaum zu finden gewesen. Der Selene saß mit einem Buch davor und schaute erst zu Lucia auf, als sie die Treppen zur Veranda erklommen hatte. Immerhin hatte er bereits einen zweiten Stuhl an den Tisch und ein zweites Glas neben die Karaffe mit der Limo gestellt, und schenkte ihr bereits ein, während sie noch den schweren Gartenstuhl heranrückte. Er hatte die gleichen kupfernen Haare wie seine Schwester, aber das war hier nicht unüblich. Auch sahen sie aus, als hätte er sie betrunken mit einer alten Gartenschere geschnitten, doch selbst das wäre wahrscheinlich minutiös geplant gewesen; Lucia erwartete fast, Gartenschere und Schnapsflasche ordentlich aufgereiht im Bad zu finden, aber als sie sich zwischendurch kurz entschuldigte, war da nur ein exakt zum Waschbeckenrand ausgerichteter Block Seife.

Milan lächelte mild, während er die Details des Pamphlets auf einer Projektion vergrößerte. „So ein Quatsch“, sagte er.

„Das heißt?“

Milan zögerte. „Es ist Quatsch. Diese Pläne bringen nichts.“

„Sind sie falsch?“

Milan zögerte wieder. Er weiß nicht, ob er mir das sagen darf, dachte Lucia, aber wahrscheinlich kann er das selbst entscheiden. Die Machtstrukturen der Selenen waren ihr weiterhin nicht ganz klar; hier schien Verantwortung zu haben, wer welche übernehmen wollte, und die Andersons wollten dies offenbar oft genug.

„Diese Pläne zeigen nur, wie man eine der Funkanlagen beschädigen kann“, sagte Milan schließlich. „Die ist aber redundant, ein späterer Zusatz, deswegen einfacher zugänglich. Wenn sie ausfällt, gibt es immer noch die erste Funkanlage. Und ein unterirdisches Kabelnetz.“

Und ein paar weitere mehr, von denen du mir nichts erzählen wirst, dachte Lucia. „Das heißt, wenn jemand diese Pläne ausführt, passiert … nichts. Nein, falsch“, korrigierte sie sich, „irgendwo geht ein Alarm an, dass die Anlage ausgefallen ist, richtig?“

„Richtig.“

Lucia lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Er war aus leicht gebogenen Holzleisten zusammengesetzt und sehr schick, aber sie war sich nicht sicher, ob die Kunststoffstühle in den Siedlungen nicht sogar viel bequemer waren. „Die Türme zu bewachen wäre keine gute Idee“, sagte sie dann, „das würde die Leute nur noch nervöser machen.“ Milan zuckte nur mit den Achseln; diese Option hatte er wohl ohnehin ausgeschlossen. „Aber wenn diese Anleitungen unsinnig sind“, sagte Lucia, „was ist dann der Plan? Dann geht es gar nicht darum, dass die Leute in den Siedlungen eure Türme sabotieren, dann ist das wahrscheinlich nur eine Ablenkung. Okay, hast du einen Globus, auf dem du mir alle der Siedlungen markieren kannst?“

Milan streifte sein Armband ab und legte es auf den Tisch. Er tippte sich durch ein paar Menüs, bis über der Tischplatte ein Hologramm des Planeten erschien: Leuchtende gelbe Flecken markierten, wo Siedlungen für die Leute aus den Befreiten Sektoren eingerichtet worden waren. Lucia schob ihr Limonadenglas aus der Projektion. „Wenn man ein Loch in eure Verteidigung machen wollte, wie viele von den Türmen müsste man lahmlegen?“

„Drei mal drei“, rechnete Milan, „mindestens neun benachbarte Türme. Fünfundzwanzig wären besser, aber bei neun kriegen wir auch schon Probleme.“

„Kannst du mir einzeichnen, wo wir solche Felder von fünfundzwanzig zusammenbekommen, die nicht in der Nähe einer der Siedlungen sind?“

Milan rief das Kontrollpaneel wieder auf. Der Himmel war zugezogen, und das Hologramm Selenes plötzlich zu einer Lichtquelle geworden, die einen bläulichen Schein auf Milans Gesicht und Hände warf. Als Lucia nach oben sah, fielen schon die ersten leichten Regentropfen; bevor sie zu kleinen Flecken auf dem Holz der Tischplatte wurden, funkelten sie an der virtuellen Planetenoberfläche kurz auf, wenn sich das Licht der Projektion in ihnen brach. „Sollen wir reingehen“, sagte Lucia.

„Nee. Hilfst du mir kurz?“

Der Tisch war aus massivem Holz und wog vermutlich nicht viel weniger als Lucia selbst, aber zu zweit bewegten sie ihn ein gutes Stück die Veranda hinunter. Milan machte sich kurz an einer der Hauswände zu schaffen und klappte schließlich einen ganzen Teil davon hoch, der in einen haushohen Rahmen um die Veranda einrastete und eine Glasfassade freigab. Es hat ja doch Fenster, dachte Lucia, das Haus. Milan griff wieder an den Tischrand und nickte ihr zu. „Wirklich“, sagte Lucia, trug dann aber den Tisch mit Milan an seinen früheren Ort, nun unter einem Vordach, zurück. Es hatte fast wieder aufgehört zu regnen.

Lucia drehte das Hologramm ein paar Mal um seine Achse. „Kannst du alles herausrechnen, bei dem irgendwelche größeren Einrichtungen in der Nähe wären? Akademien und so weiter.“

Es blieben nicht einmal allzu viele Flächen auf dem Globus übrig. Lucia trank ihre Limonade leer. Sie schmeckte ein wenig nach Regen. „Dumm nur, dass unsere einzige konkrete Fährte dieses Pamphlet ist“, sagte sie.

Am nächsten Morgen wurde sie sehr früh von einer Nachricht auf einem der Kanäle der Galaktischen Patrouille geweckt: Das Team, das Aleph aus der Besatzung der Gandiva zusammengestellt hatte, war auf der Unabhängigen Sphäre angekommen. „Wir können in fünf Stunden auf dem Planeten sein“, sagte jemand, an den sie sich in einem wacheren Zustand vielleicht von ihrer Zeit an Deck erinnert hätte.

„Danke“, sagte Lucia, „ich schicke euch gleich Koordinaten. Und Anweisungen. In fünfzehn Minuten.“

Einen Tag darauf saß sie auf dem zentralen Platz der Siedlung, in der sie selbst bislang am wenigsten Zeit verbracht hatte, und ließ sich von ein paar alten Menschen ein Kartenspiel beibringen, das sonst niemand mit ihnen spielen wollte. Der Regen hatte erst vor kurzem aufgehört, und die Menschen waren sofort ins Freie geströmt und hatten mit bereits gut eingeübten, knappen Handgriffen das Wasser aus den Sitzen der Plastikstühle gekippt, als wäre das die übliche Begrüßung auf diesem Planeten. Auf der anderen Seite des Platzes stand an einem zum Bartresen umfunktionierten Fenster Duncan, einer der Agenten, die ihr Aleph geschickt hatte. Duncan war auf eine Weise auffällig, die ihn besonders harmlos wirken ließ; ein großer sommersprossiger Junge, der sein weißes Hemd so weit offen stehen gelassen hatte, dass unten orangen seine Brustbehaarung herauswucherte. Jetzt unterhielt er sich mit der Barfrau über die Biersorte, die sie über die Unabhängige Sphäre von einem Ort beschafft hatte, an dem sich Menschen mehr Gedanken über Bier machten. „Habe eine antrainierte Alkoholresistenz“, hatte er Lucia als Direktnachricht an ihr Implantat geschickt. Dich hätte man auf Elvis Eric Late ansetzen sollen, dachte sie.

Menschen kamen und gingen, und Lucia hatte das Kartenspiel schnell genug gelernt, um sich bald darüber ärgern zu können, wenn sie eine Runde verlor. Es war wiederum einfach genug, um sich gleichzeitig ärgern und die Umgebung im Auge behalten zu können. Vor einer Weile hatte ihr jemand aus den anderen Siedlungen einen Bericht geschickt: Das Team, das sie dorthin entsandt hatte, konnte tatsächlich jemanden beim Auslegen der Pamphlete erwischen, aber es war nur ein Junge, dem irgendwer den Stapel in die Hand gedrückt hatte. Lucia hatte den Bericht auf ihrem Implantat abgerufen und währenddessen konzentriert auf ihre Karten gestarrt, als müsse sie jetzt wirklich überlegen; ihre Mitspieler hielten es für einen Bluff und lachten, als sie die Runde tatsächlich gewann.

Mittlerweile hatte sie den Verdacht, dass ihre Mission mehr vom Glück abhängig war als dieses Spiel. Lucia hatte in allen Siedlungen jemanden postiert, aber man konnte nur eine bestimmte Zeit lang unauffällig einen zentralen Platz beobachten, sofern es in den Siedlungen überhaupt einen zentralen Platz gab. Das war eine Mission, für die es wochenlange Vorbereitung gebraucht hätte: falsche Identitäten, Kontaktpersonen und Einsatzzentralen. Sie hatten aber keine Wochen; sie hatten vielleicht nicht einmal Stunden. Da die Gerüchte über die Türme in allen Siedlungen gestreut worden waren, nahm Lucia an, dass auch diese Pamphlete überall verteilt werden würden. Das war, womit sie arbeiten musste.

Nach einer Stunde begann das Spiel sie zu langweilen, aber letzten Endes kam es nur darauf an, dass es die Anderen in der Runde nicht langweilte. Duncan stand wieder an der Bar. Er musste mittlerweile mit einem dutzend Menschen Smalltalk geführt haben. Das gehörte zur Strategie: Hin und wieder setzte er sich zwar mit einem Buch auf einen freien Stuhl, aber nicht viel später war sein Bier leer; hatte er ein neues Bier in der Hand und jeden aktuellen Gesprächsfaden am Tresen abgespult, war sein Stuhl schon längst besetzt; dann konnte er sich einen neuen suchen und so eine weitere Ecke des Platzes für sein Netzwerk flüchtiger Bekanntschaften beanspruchen. Das macht er gut, dachte Lucia. Dann wurde sie auf einen unbekannten Mann aufmerksam, der aus einer Seitengasse auf den Platz trat. Ist er das, dachte sie, das ist er. Es war nicht so, dass er besonders auffällig gewesen wäre: Bereits etwas älter, mit einem vielleicht besorgten, vielleicht nur nachdenklichen Ausdruck auf dem hageren Gesicht. Er war kein Selene, aber der übliche sackartige Pullover hing auf eine routinierte Weise an ihm herab, die Lucia weder von sich noch von den Menschen in den Siedlungen kannte. Der Mann wäre Lucia nicht aufgefallen, wenn sie nicht selbst Agentin gewesen wäre und nicht sofort sein Gesicht vergrößert hätte: Im Augenblick, in dem er auf den Platz trat, waren da die typischen hektischen Augenbewegungen, wenn jemand aus der Sicherheitsbranche alle Gesichter innerhalb einer neuen Umgebung erfasste und durch sein Implantat schickte, eines nach dem anderen. Es war ausgeschlossen, dass er sie nicht erkannt hatte: Spätestens nach der Konferenz auf der Unabhängigen Sphäre musste ihr Gesicht in den Datenbanken aller Sicherheitsdienste gespeichert sein. Sie schickte ein Bild des Mannes per Direktnachricht an Duncan. Der junge Agent plauderte wieder mit der Barfrau und drehte sich nicht einmal um, aber das war die einzig richtige Reaktion.

Der Verdächtige ging weiter, ohne stehenzubleiben. Er hat mich gesehen, und auch gesehen, dass ich ihn gesehen habe, dachte Lucia. Die Runde war beinahe vorbei. Lucia spielte ihre letzten Karten und verabschiedete sich; der Mann war schon längst in eine der anderen Gassen eingebogen, aber sie hatte gespeichert, wo er im immer noch feuchten Boden Fußabdrücke hinterlassen hatte, und so war es für ihr Implantat ein Leichtes, anhand seiner Spuren einen Weg vorzuzeichnen.

Der Weg führte hinter einen größeren Cluster der Wohnwaben. Hier hatte ein hoher Felsen dem Wachstum der Siedlung ein Ende gesetzt; zwischen den Steinmassen und dem Beton blieben keine drei Meter, und selbst die waren mit irgendwelchen Tonnen und gestapelten Behältern vollgestellt. Vom Rand des Felsens aus hoben sich schwarz die Äste überhängender Büsche ab. Hierher kamen nur die Jugendlichen, die ihre Namen in die Felswand ritzten. Natürlich, dachte Lucia, eine Falle.

Die Schuhabdrücke wiesen nach links, aber Lucia war nur wenige Schritte in die Richtung gegangen, als sich ihre Nackenhaare aufstellten. Ihr blieb gerade ein Sekundenbruchteil, aber sie konnte schnell genug ausweichen, und der Schlagstock stellte nur ihre Locken unter Stom: Ein elektrifiziertes Modell, wie es oft irgendwelche Sicherheitsleute verwendeten; nicht tödlich, aber effektiv. Aus diesem Grund war es auch die bevorzugte Waffe im Training an der Akademie der Patrouille, und entsprechend schnell reagierte Lucias Körper. Mit einem Griff wand sie ihrem Angreifer den Stock aus der Hand und stieß dann den Mann selbst zwischen die Tonnen; er konnte sich nicht einmal aufrappeln, bevor sie ihn mit einem Knie auf dem Boden fixiert hatte. Der Mann war sicher einen Kopf größer als sie selbst, aber das waren die meisten Menschen, und während ihrer Ausbildung hatten sie ihr beigebracht, das Beste aus diesem Umstand zu machen. Lucia versuchte, ihren Adrenalinhaushalt wieder zu stabilisieren. Wieso ist das nur ein müder alter Mann, dachte sie, was passiert hier? Das ist kein Agent. Dann griff der Mann mit einer freien Hand in die Falten seines Pullovers und zog eine Pistole heraus, und dann wurde sie ihm aus der Hand getreten. Lucia schaute hoch.

„Haben wir das gut gemacht, oder was“, sagte Duncan und strahlte über das ganze sommersprossige Gesicht. Sie verpassten dem Mann eine Betäubungsinjektion; es war nicht auszuschließen, dass er sich mit irgendeiner Methode das Leben nahm, bevor er verhört wurde. Vielleicht würde sich danach ein Datenträger mit einer Aufzeichnung bei ihm finden, aber in solchen Fällen war dies meist eine veraltete Aufzeichnung, und sie würden einen Menschen aus einer Zeit rekonstruieren, in der er selbst noch nichts von seiner aktuellen Mission gewusst hatte. Lucia boxte Duncan freundlich gegen die Schulter, während sie den Kontakt von Milan Anderson heraussuchte. Aber warum sieht er so müde aus, dachte sie und schaute auf den Mann am Boden herab, was soll das alles?

Die Ranger der Selenen trugen ausnahmsweise keine labbrigen Pullover, sondern schwere Westen aus Carbonfasern über gewachsten Uniformen. Sie rochen alle nach nasser Erde. Lucia hatte plötzlich das Gefühl, dass Duncan und sie den Umständen gar nicht angemessen gekleidet waren, als hätten sie im Urlaub versehentlich einen feindlichen Agenten überwältigt; kurz überlegte sie, ob sie Duncan nicht per Direktnachricht auffordern sollte, wenigstens sein Hemd zuzuknöpfen. Das war natürlich Unsinn. Sie aktivierte stattdessen eine Drohne, die in ihrem Gleiter wartete, und übermittelte ihr die Schuh- und Fingerabdrücke des Mannes: Wenn er nicht ohnehin in dieser Siedlung lebte, musste er seinerseits mit irgendeinem Fahrzeug gekommen sein.

Lucia sah die kleine Maschine bereits am Himmel, als die Selenen den Agenten auf einer Bahre auf die nächste größere Gasse schoben. Es war ärgerlich, ihn abgeben zu müssen, aber die Galaktische Patrouille hatte keine Einrichtungen auf diesem Planeten und nicht einmal ein Schiff im Orbit, und Lucia sah keinen Anlass, den Rangern hinsichtlich ihrer Methoden oder Ziele zu misstrauen. „Milan ist bald hier“, sagte einer von ihnen, während sie die Bahre in ihren Transporter schoben.

„Danke“, sagte sie, aber die Ranger machten nur knappe Gesten zum Abschied, bevor sie mit ihrer Maschine abhoben.

„Die werden unterwegs sicher noch haltmachen, um ein verletztes Eichhörnchen zu versorgen, nicht,“ sagte Duncan. „Also, was machen wir jetzt?“

Lucia ließ die Drohne auf ihrem ausgestreckten Arm landen, damit die Menschen um sie herum sie zuordnen konnten. „Wenn das eine Aktion der Befreiten Sektoren ist, warum lassen sie das einen müden alten Mann machen?“, sagte sie. „Er hätte mich beinahe erwischt, aber das war kein Agent, der kannte nur ein paar Tricks.“

„Vielleicht war er nicht immer ein müder alter Mann“, sagte Duncan gutgelaunt.

Sie verfolgten die Schuhabdrücke des Mannes zurück zu dem Platz und über ihn hinaus; irgendwann am Rand der Siedlung verloren sie sich, wo andere Menschen sie verwischt hatten oder Moose und Gräser wieder zurückgefedert waren. Lucia schickte die Drohne los. Leise brummend schweifte sie über den Boden, fand hier und da doch eine Spur, bis sie an einer großen Freifläche ankamen: Hier waren einige Gleiter und andere Fahrzeuge abgestellt. „Bitte die Fahrzeuge zuerst absuchen, die nicht zugewachsen sind“, rief Lucia der Drohne hinterher.

„Warst du auf dieser Kolonie, als das mit der Gandiva passiert ist?“, fragte sie, während sie zwischen den Fahrzeugen spazierten. Der Himmel war wieder zugezogen, und Lucia überkam die nutzlose Sorge, dass sich hinter den Wolkenmassen bereits das unerklärliche rote Raumschiff verbergen würde.

„Leider nicht“, sagte Duncan. „Das ging alles so schnell.“

„Und dieses Raumschiff? Hast du das gesehen?“

„Ja“, sagte der junge Agent und nickte ernst. „Es war riesig! Ich habe noch nie etwas so Großes gesehen, ja? Ich möchte es unbedingt noch einmal sehen, aber gleichzeitig möchte ich so etwas nie wieder sehen, verstehst du, was ich meine?“

Die Drohne gab ein Signal von sich. Sie fanden sie neben einem Gleiter; offenbar hatte sie durch die Fenster im Inneren die Fingerabdrücke rekonstruieren können. Der Gleiter war ein älteres, robustes Modell, an dem Wetter und Atmosphäre Selenes ihre Spuren hinterlassen hatten. Auch innen war er abgenutzt, die meisten Sitze mit irgendwelchen Geräten zugestellt und kaum ein Zentimeter nicht mit getrocknetem Schlamm verkrustet; kein Wunder, dass die Drohne hier hatte fündig werden können.

„Wollte der Vogel einen dieser Türme ausgraben, oder was“, sagte Duncan.

Milan Anderson war noch unterwegs, aber Lucia schickte ihm ein Foto des Kennzeichens am Gleiter; Milan schickte ihr daraufhin die Angaben und ein Foto der Person, auf die der Gleiter registriert war. „Das ist er“, schrieb Lucia und schickte ihre aktuelle Position hinterher.

„Ich hole euch ab“, schrieb Milan und war wenige Minuten später mit einem eigenen Gleiter da. Auch er hatte jetzt die Uniform der Ranger an. Im ganzen Gleiter roch es nach nasser Erde. Draußen regnete es jetzt tatsächlich, und für eine Weile war nicht viel mehr zu hören als das Geräusch der Tropfen auf den Scheiben. Lucia rief ab, was sie über den Mann finden konnte. „Silvester Tanner“, sagte sie, „auf Gliese Atlantica geboren, seit zehn Jahren hier auf Selene. Er ist ein … Meteorologe?“

„Ach so?“, sagte Milan und schüttelte den Kopf.

„Vielleicht doch nur ein Spinner“, sagte Duncan.

„Gerade jetzt, wo diese ganzen anderen … Sachen passieren?“, sagte Lucia.

„Ist ja kein Grund, sich weniger wie ein Spinner aufzuführen.“

„Vor zehn Jahren gehörte Gliese Atlantica zur Res Publica“, sagte Lucia, ohne weiter auf Duncans Hypothese einzugehen. „Da gab es kein Büro für Grenzangelegenheiten oder sonstwas. Wenn er für die Befreiten Sektoren gearbeitet hat, haben sie ihn erst nachträglich rekrutiert, ihm Material zur Ausbildung geschickt. Aber warum er? Warum haben sie nicht jemanden vom Büro unter die Geflüchteten eingeschleust?“

„Wozu brauchst du einen Meteorologen, wenn du einen Planeten erobern willst?“, fragte Duncan. Am Fenster perlten die letzten Regentropfen ab; die Wolkendecke war vor kurzem aufgerissen und senkte spektakulär Lichtpfeiler in die Landschaft hinein. Lucia verfolgte den letzten Tropfen, der vom Fahrtwind das Fenster neben ihr entlanggetrieben wurde, bis dann ein plötzlicher Schauer die Scheiben flutete, als wäre der Gleiter gerade durch einen Wasserfall geflogen. Lucia schaute zu Duncan herüber, doch der jüngere Agent war wieder in Gedanken versunken, und so blätterte sie weiter durch Silvester Tanners Biographie.

„Oh nein. Bevor er nach Selene gezogen ist, da hat er für ein Projekt gearbeitet, das letzte der Res Publica zu stationärer Portaltechnologie. Das wurde dann eingestellt. Ein paar Monate später zieht er hierher.“

Duncan klatschte in die Hände, dass es im ganzen Gleiter schallte. „Forscher arbeitet an riskanter Zukunftstechnologie. Projekt wird eingestellt, er zieht sich verbittert zurück. Jahre später kommen Agenten auf ihn zu, dass sie seine Forschung unterstützen werden, wenn er sie für ihre Pläne zur Verfügung stellt. Ist es das?“

„Das wäre ein Szenario“, sagte Lucia.

„Ich liebe diesen Job“, rief Duncan.

Lucia beugte sich zu Milan hinüber. „Kannst du nachsehen, ob jemand von diesen Leuten auch hier auf dem Planeten ist? Das ist das Team von seinem alten Projekt.“

Milan zog die Daten auf den Bordcomputer. „Ich habe einen“, sagte er bald. „Seit acht Jahren hier.“

„Wo lebt er? Kannst du das auf unseren Globus ziehen?“

Milan rief das Hologramm auf. Ein roter Punkt glühte mitten in einem der entlegenen Gebiete, die sie auf seiner Veranda berechnet hatten. Der Gleiter flog eine scharfe Kurve, als ihm Milan einen neuen Kurs vorgab.

Es war später Abend, als sie ankamen. Das Haus von Tanners Kollegen gehörte einer Selene, die, wie Milan schlechtgelaunt anmerkte, früher im Planetaren Rat gearbeitet hatte.

„Daher die Informationen zu den Türmen für diese Pamphlete“, hatte Lucia gesagt, worauf er nur mit den Achseln gezuckt hatte. Zum Haus gehörte ein verhältnismäßig großes Grundstück, aber das hatte bei der Zuteilung niemanden gestört: Wo Selenes stärker besiedelte Regionen von grünen Hügeln und kleinen Seen bedeckt waren, gab es hier nicht viel mehr als kahle Felsen und Schluchten, in deren Tiefe irgendwelche Flechten etwas vom Regenwasser abfingen, bevor es im Geröll versickerte. Das Haus war am Fuß eines kleinen Plateaus gebaut; Licht schien in dünnen Streifen durch die Jalousien. Milan hatte die Innenbeleuchtung und die Scheinwerfer des Gleiters ausgeschaltet, und draußen hoben sich zwei weitere Fahrzeuge der Ranger als dunkle Formen gegen den Abendhimmel ab. Selbst Duncans weißes Hemd schimmerte nur noch in einem tiefen Blau. Der junge Agent holte hin und wieder kurz Luft, als würde er etwas sagen wollen, doch dann schwieg auch er.

Die drei Maschinen landeten unweit des Hauses. Milan ging direkt zur Tür; selbst ohne aufwändige Sicherheitsvorkehrungen wären die Menschen drinnen sicher schon längst auf sie aufmerksam geworden. Eine ältere Frau öffnete. „Was wollt ihr?“, fragte sie. Sie wirkte nicht überraschter, als wenn die Ranger wegen einer zu lauten Party vorbeigeschaut oder viel zu spät auf einen Notruf reagiert hätten, um ein Erdhörnchen aus der Regenrinne zu befreien. Lucia bereitete ihr ich bin Lucia Lem von der Galaktischen Patrouille und vor, aber Milan schob die Frau einfach zur Seite.

„Wieso macht ihr das“, sagte er nur.

„Dieser Planet ist nicht mehr stark genug“, sagte die Frau leise. Lucia und Duncan folgten Milan in das Haus. Es war nicht unordentlich, nur nachlässig auf eine Weise, als hätten die Menschen darin so lange an etwas so Dringendem gearbeitet, dass sie darüber sowohl die Konzepte von Dringlichkeit wie von Alltag vergessen mussten. Weiter hinten im großen Wohnzimmer stand der Wissenschaftler. Das Blut war ihm in den Kopf geschossen, und Lucia konnte schon vom anderen Ende des Zimmers seinen schweren Atem hören; eine Weile lang versuchte er, den Blicken der anderen auszuweichen. Auf einem Tisch lag eine Pistole, aber es war unwahrscheinlich, dass jetzt noch jemand nach ihr greifen würde.

„Gehört ihr zu ‚Neue Ernte‘“, sagte Lucia schließlich.

„Neue Ernte“, sagte die Frau an der Tür und lachte.

„‚Neue Ernte‘ ist nie passiert“, sagte der Mann. „Wir haben gewartet, aber es hieß dann: Die Flotte ist verschwunden, niemand weiß etwas.“

„Habt ihr Silvester? Natürlich habt ihr Silvester“, sagte die Frau.

„Das war alles ein Fehler“, sagte der Mann resigniert. „Silvester wollte weitermachen, falls die Flotte doch noch kommen würde.“

„Der Idiot“, sagte die Frau. „Hätten wir nur gewartet.“

„Hättet ihr nur gewartet“, sagte Milan und verzog die Lippen.

„Neben dem Haus war eine Garage oder etwas Ähnliches“, sagte Lucia, „ich will mir das anschauen.“

„Ja. Nimm ein paar von meinen Leuten mit.“

Vor dem Haus war es bedrückend schwül. Lucia schaute vorsichtig über den Himmel, aber da war weder eine Flotte noch irgendetwas Beunruhigenderes als die üblichen Lichterscheinungen; am Horizont blinkten die Positionslampen an den Kronen einiger Türme. Das Tor zur Garage ließ sich ohne weiteres öffnen. Wie das Haus war sie direkt an den Hang des Plateaus gebaut.

„Etwas groß für die kleine Karre“, sagte Duncan. In der Garage stand ein einzelner Gleiter; neben ihn hätten sicher noch fünf weitere gepasst.

„Sind schon dran“, sagte ein Ranger und winkte mit einem klobigen Gerät. „Dahinter geht es weiter“, sagte er, nachdem er eine Weile mit dem Ding die Rückwand der Garage abgeschritten hatte; noch etwas später hatte er den Mechanismus ausfindig gemacht, mit dem sich das alles wohl öffnen ließ.

„Sollen wir …“, fing Lucia an, aber dann knirschte es kurz, bevor die gesamte Rückwand ein paar Zentimeter nach hinten rückte, sich in der Mitte teilte und auseinander schob.

Beim Garagentor stand zwischen zwei Rangern der alte Wissenschaftler. „Da habt ihr’s“, sagte er.

Sie mussten einen beträchtlichen Teil des Plateaus ausgehöhlt haben. Die gewaltige Halle hinter der Garage war beinahe ebenso leer wie die Garage selbst, bis auf den Apparat, der in ihrer Mitte stand: Ein vielleicht sechs auf sechs Meter großer Rahmen, aufgehängt in einem wahnwitzig komplexen Gestell aus Kraftfeldgeneratoren, Servomotoren und Hydraulik. Lucia ging mehrere Male um das Portal herum und setzte sich dann auf die Rampe, durch die es von dieser Seite aus wohl beschritten werden konnte. Kurz wünschte sie sich, dass Duncan einen enthusiastischen Kommentar zu ihrer erfolgreichen Mission abgeben würde, aber ihr Kollege starrte nur mit offenem Mund durch das Portal hindurch. Im Augenblick war da der Rest der Halle und schließlich die grob behauene Felswand zu sehen, aber vielleicht musste man nur ein paar Knöpfe drücken, damit es direkt in eine Militäreinrichtung irgendwo auf Gliese Atlantica führte. Haben wir das gut gemacht, oder was, dachte Lucia jetzt also selbst, auch wenn es nicht unbedingt eine Rolle gespielt hatte: ‚Neue Ernte‘ war nicht passiert und würde vielleicht nie passieren, und Silvester Tanner und die beiden anderen hätten ans Ende ihrer Tage darauf gewartet, dem Militär der Befreiten Sektoren ein Tor zu diesem Planeten öffnen zu können. Ich muss dringend eine Woche ans Meer, dachte Lucia, besser zwei.

🌠

Auf den Projektionen war der Planet nicht viel mehr als eine grün-blaue Murmel, aber bereits das war wohl mehr als genug. Abelia konnte die Euphorie auf den Gesichtern der Menschen auf der Brücke sehen; eine grün-blaue Murmel war schließlich das Urbild eines Planeten, wie es alle Menschen verinnerlicht hatten, und viele von den hier anwesenden hatten einen großen Teil ihres Lebens auf einem Planeten verbracht, auf dem diese beiden Farben nur mit einigem technischen Aufwand erzeugt werden konnten. Sie konnte dieses Gefühl eher nachvollziehen, als dass sie es nachfühlen konnte, aber es hatte etwas Zwingendes an sich: Es stand nicht an, dass Menschen auf einem Planeten leben sollten, der nicht diesem Urbild entsprach, und dieses Recht musste gegebenenfalls eingeholt werden. In diesem Sinne fand es Abelia unabdingbar, diesen Anspruch zu unterstützen; was es für sie selbst bedeuten mochte, auf einem richtigen oder überhaupt einem Planeten zu leben, konnte sie dann später herausfinden.

Es ist wirklich wahr, dachte einige Meter weiter Eran Debro, während die Murmel sehr, sehr langsam größer wurde. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass die Menschen mit den bleiernen Augen wie seine Vorfahren die alte Zivilisation verlassen hatten, um viel näher an ihr einen Planeten zu finden, der diesen Titel möglicherweise verdiente. Das war eine interessante Konfrontation; viel interessanter als diejenige mit den uniformierten Menschen auf ihren schwarzen Schiffen, die am ehesten wirkten wie eine vulgäre Parodie auf das, vor dem seine Vorfahren damals geflohen waren. Nein, dachte Debro dann plötzlich, das war nicht die Fragestellung: Interessant war keine Kategorie, die bei der Verantwortung über ein Schiff mit Tausenden von Menschen herangezogen werden sollte, und in Wahrheit hatte er gerade ein sehr schlechtes Gefühl bei dieser Sache.

🌠🌠

Der letzte Text war ganz ordentlich geworden, aber Elvis war sich unsicher, was als Nächstes kommen könnte. Ein Ausweg war, die naheliegenden Themen abzuarbeiten: Essen und Trinken, Tiere, Kleidung, vielleicht etwas dazu, wie sich auf den verschiedenen Planeten die Sprachen entwickelt hatten. Gute Geschichten fielen dann ohnehin von alleine ab, und wenn er dabei irgendwann verstehen sollte, was in der Galaxis gerade geschah, konnte er sich dieser, wahrscheinlich weniger guten Geschichte widmen. Er hatte sich von jemandem aus der Siedlung ein paar Videos geliehen, private Aufzeichnungen aus Gliese Pacifica, die unter anderen Umständen alles andere als interessant gewesen wären; mit dem kleinen Projektor — seine eigenen Geräte waren zu allem hier inkompatibel — hatte er sich Mittags auf sein Bett gesetzt und nach mehreren Stunden von Geburtstagsfeiern und Stadtrundgängen das Gefühl, unbewusst mindestens eine Nacht an Schlaf vorgezogen zu haben. Jetzt war es bereits dunkel, und Elvis beschloss, sich ein wenig die Beine zu vertreten und bei Gelegenheit den Projektor mit den Videos zurückzubringen.

Ich hätte auch schon früher aufstehen können, dachte er, als er auf tauben Beinen aus dem Haus stolperte. Für eine Wanderung war es schon zu spät, also nahm er zumindest noch einen Umweg an dem Turm vorbei, den er mit den Kindern bearbeitet hatte. Im schwachen Licht aus den benachbarten Gebäuden wirkten die Wandbilder malerischer als geplant. Das ist ganz ordentlich geworden, dachte Elvis und machte ein Foto. Es war still geworden in der Siedlung; bei den lauen Temperaturen hatten die Menschen die Fenster in ihren Wohnwaben offen gelassen, und selbst ihre gedämpften Stimmen waren so gut zu hören, dass es Elvis beinahe unangenehm war. Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte er. Tatsächlich war es gar nicht so leise: hinter den Stimmen aus den Häusern lag ein durchgehender Ton, ein elektrisches Surren. Ist mein Implantat kaputt?, dachte Elvis, ausgerechnet hier. Dann wurde der Ton nicht nur lauter, sondern ganz körperlich erfahrbar, ein tiefes Grollen, dass den ganzen Boden vibrieren ließ. Elvis sah, wie die Menschen an die Fenster traten. Irgendjemand deutete zum Himmel: Auf den ersten Blick kaum zu sehen, aber dann doch sehr deutlich glitzerte zwischen den Sternen ein gewaltiges Netz, dünne Fäden aus Energie oder vielleicht auch die Fugen eines Gewölbes, das sich jetzt zwischen den Türmen aufspannte. Dann änderte der Ton seine Frequenz, und weit in der Ferne schoss eine Lanze aus Licht in den Himmel, ein breiter heller Strich, der die Wolken durchstieß und ihnen für einen Augenblick eine sonderbare Räumlichkeit verlieh. Das Grollen hielt noch eine ganze Weile an, bevor es ausklang und über ihren Köpfen nichts weiter als das Weltall zu sehen war.

🌠🌠🌠

Stella setzte sich lieber gleich auf die Treppe, als vor der Tür zu warten. Sie war sich recht sicher, nach dem Klingeln Elvis’ Stimme gehört zu haben, oder zumindest irgendwelche Anzeichen von Aktivität. Sie würde jetzt also auf der Treppe sitzenbleiben und bis hundert zählen, und dann noch einmal klingeln. Stella strich über die Delle in der Stufe, auf der sie saß. Jetzt wird sie noch ein unendlich kleines bisschen tiefer, dachte sie, wer hätte gedacht, dass Treppen auch alt werden können. Als sie zuletzt wieder in ihrem früheren Haus gewesen war, hatte sie sich dort ebenfalls auf eine Treppe gesetzt, konnte aber keine Delle feststellen; sie hatte dann bewusst in anderen Häusern nach Dellen in Treppen gesucht und keine gefunden. Auch waren da meistens keine Treppen. Häuser haben Treppen, wenn du möglichst viele Menschen an einem Ort unterbringen willst. Treppen haben Dellen, wenn du erfolgreich möglichst viele Menschen an einem Ort untergebracht hast. So einfach war das.

Stella war mit den Zahlen durcheinander gekommen und fing nochmals von vorne an. Von wegen einfach, dachte sie. Irgendwann, es war nicht lange, nachdem sie hierhergezogen waren, hatte sie mit ihren Eltern und irgendwelchen Menschen auf der Straße gestanden und dann in die Runde gefragt, wo denn das Haus aufhöre, und Leute hatten auf Ecken und Mauern gezeigt, aber sie hatte immer mit dem Kopf geschüttelt, und wahrscheinlich hatten alle gelacht und wahrscheinlich hatte schließlich jemand gesagt, dass sie mit dem Haus die Stadt meint. Du dummes Kind, dachte Stella jetzt; es war ihr immer noch ein wenig peinlich. Ihre Eltern hatten sich dann mit ihr in die Bahn gesetzt und waren aus der Stadt herausgefahren, aber sie war nicht überzeugt gewesen, weil es doch etwas anderes war, wenn die Stadt aufhörte und wo ein Haus aufhörte. Wo war ich stehengeblieben, dachte Stella, na toll.

„Onkel Elvis“, rief sie und trommelte mit den Händen auf die Treppenstufe, „wo bleibst du?“ Eins, zwei, drei, vier, fünf. In ihre alte Wohnung waren Verwandte eingezogen. Durch das Fenster ihres früheren Zimmers war immer noch die gleiche endlose Sumpflandschaft zu sehen, und natürlich hatte es die ganze Zeit geregnet, als sie zu Besuch waren (hier war klar, wo ein Haus aufhörte: hinter dem Fenster). Bei denen ist doch noch Licht, hatte ihre Cousine gerufen, als sie den Tisch decken sollte. In der Ferne waren wirklich kleine gelbe Rechtecke zu sehen, das Haus der Freunde, die zum Essen kommen wollten. Selbst wenn die Lichter jetzt ausgehen würden, bliebe genug Zeit für das Geschirr. Die vielen Fenster, die Stella von in ihrem jetzigen Zimmer aus sah, hatten keinen solchen Nutzen, und die Fenster ihrer Freundinnen und Freunde waren durch Straßenblöcke oder ganze Stadtteile voneinander verborgen. Das wäre eine ganz schöne Idee gewesen: Sich ins eigene Zimmer die Fenster der anderen projizieren zu können, als wäre die Stadt dazwischen transparent; und technisch sicher machbar, aber ihre Clique hatte den Sinn des Ganzen dann doch nicht nachvollziehen können. Macht ja nichts, dachte Stella. „On-kel El-vis“, sang sie, bevor sie zum vierten Mal mit dem Zählen anfangen musste, aber kurz darauf machte Elvis die Tür auf.

„Alles klar“, sagte er.

„Alles klar“, sagte Stella. „Nur ist mein Essen jetzt sicher kalt? Ach so. Möchtest du mit uns Essen?“

„Jetzt?“

„In zehn Minuten? Also jetzt wahrscheinlich vor zwanzig Minuten, so lange wie ich hier sitze“, sagte Stella. Sie hatte unten die Tür zu ihrer Wohnung offen gelassen, und mittlerweile überdeckte der Geruch von Curry den immer etwas staubigen Muff im Treppenhaus.

„Alles klar“, sagte Elvis.

Sie hatten noch nicht fertig gegessen, als ihm etwas Wichtiges einfiel. „Ich wollte demnächst für ein paar Tage verreisen“, sagte er.

„Wohin diesmal?“, fragte Charles.

„Dunhuang Siebzehn“, sagte Elvis.

„Onkel warum“, sagte Stella, „da ist nichts.

„Warst du da schon mal?“

„Natürlich nicht.

„Und warum Dunhuang Siebzehn, also?“, fragte Maria.

„Es ist ein anderer Planet, das ist doch interessant“, sagte Elvis. „Ich habe jetzt so viel auf der Erde gesehen, wahrscheinlich brauche ich etwas anderes.“

Jeder andere Planet ist ein anderer Planet“, sagte Stella, „und Dunhuang Siebzehn ist der einzige, der auf jeden Fall nicht interessant ist. Warst du schon auf Trappist’s Merveille, ich war da letztens mit der Schule, es ist einfach wahnsinnig. Das nächste Mal fliegen wir zu den Jupiter-Monden.“

„Die sind sehr interessant“, bestätigte Maria und schenkte den Erwachsenen Wein nach.

„Und wenn ich mit der Schule fertig bin, werde ich auf Gliese Pacifica soziale Arbeit machen.“

„Wir haben schon besprochen, dass du das auf keinen Fall machst“, sagte Charles.

„Papa“, sagte Stella und hielt sich beide Hände an die Schläfen. „Onkel Elvis und du seid einfach durch ein Portal geflogen und ihr wusstet nicht einmal wohin.“

„Und ich bin immer noch sehr dankbar, dass ihr mich nicht deswegen verlassen habt“, sagte Charles.

„Ihr würdet mich auch nie verlassen!“

„Ich denke nicht, dass dieses Argument von dieser Seite her funktioniert“, sagte Maria.

„Warst du jemals wieder auf Selene?“, fragte Charles Elvis.

„Nee“, sagte Elvis. „Vielleicht später. Ich fange erst mal mit den langweiligen Planeten an. Also, könntet ihr eine Weile auf die Katzen aufpassen?“

Ich belüge meine Leute, dachte Elvis und blieb unwillkürlich auf dem Treppenabsatz zwischen den Geschossen stehen. Dann holte er etwas Wasser aus seiner Wohnung, um die immer gleichzeitig wild wuchernden und kurz vorm Vertrocknen stehenden Pflanzen auf dem Fenstersims hier zu gießen. Ich sollte besser nach Selene fliegen, dachte er. Vielleicht ist Rachel noch da. Oder sie ist, vielleicht, noch weg. Oder wieder. Aber darum ging es nicht. Es gab da diese andere Geschichte, die aus unterschiedlichsten Gründen nie passiert war, und Elvis hatte in der Zwischenzeit berechnet, dass sie möglicherweise auf Dunhuang Siebzehn passieren konnte, und aus irgendeinem Grund fühlte er sich verpflichtet, in diesem Fall dabei zu sein.

Vorschau: Der Reiseschriftsteller versucht sich auf einem Planeten zurechtzufinden, der keine Geheimnisse hat, aber für andere ist seine eigene Anwesenheit dort erklärungsbedürftig genug. „Wie lange habe ich geschlafen“, fragt Abelia.

--

--

Jacob Birken
Jacob Birken

Written by Jacob Birken

Writer, researcher. Interested in ideas about history & historicity, and their mediation in arts & pop culture.

No responses yet